Das Ereignis der Uraufführung von Beethovens Neunter Sinfonie im heute nicht mehr existierenden Wiener Kärntnertortheater gilt allgemein als Meilenstein der Musikgeschichte. Viele Fakten zu diesem Konzert vom 7. Mai 1824 hat die Forschung mittlerweile weitgehend rekonstruieren können: Etwa die Aufstellung des Chores vor dem Orchester, die exakte Besetzung oder den Notentext. Bemerkenswert ist dabei, dass die Rezeption sich überwiegend auf die Uraufführung von Beethovens letzter Sinfonie konzentriert, obwohl an dem Abend insgesamt drei späte Werke von Beethoven erklangen, nämlich neben der Neunten auch Teile aus der Missa solemnis und die Ouvertüre „Die Weihe des Hauses“. Anlässlich des 200. Jahrestages der Sinfonie, deren Freude- Melodie heute die Hymne der EU ist, stellt das Beethoven-Haus Bonn in Zusammenarbeit mit der Universität Wien und dem Orchester Wiener Akademie und in Kooperation mit dem WDR erstmals das gesamte Konzert der Uraufführung nach. Das verspricht eine einzigartige Erfahrung, denn über die hintereinander programmierten Werke der Ouvertüre op. 124, der Missa solemnis op. 123 und der Neunten Sinfonie op. 125 eröffnen sich bemerkenswerte neue Hörperspektiven und Erkenntnisse.

In der Historischen Stadthalle Wuppertal sind damit zwei außergewöhnliche zweistündige Konzerte zu erleben. Ästhetisch und inhaltlich weisen die rekonstruierten Programme vielfältige Beziehungen auf und legen die Vermutung nahe, dass Beethoven mit den Akademien an die Idee des Ewigen Friedens appellieren wollte. Genau 200 Jahre später ist dieser Appell aktueller denn je.